Titelbild - Foto eines Wochenmarktes

Nachhaltig einkaufen in der Schweiz โ€“ nicht so einfach

Nachhaltig einkaufen in der Schweiz โ€“ das hรถrt sich einfacher an als es ist. Kauft man nun regional, muss dann aber eventuell damit leben, dass die Produkte in konventioneller Landwirtschaft hergestellt wurden? Oder entscheidet man sich lieber fรผr die Bio-Ware, die dummerweise Tausende von Kilometern entfernt produziert wurde? Und selbst wenn man zur Bio-Variante greift, handelt man damit automatisch auch nachhaltig?

Wer wirklich im Einklang mit der Natur konsumieren mรถchte, muss vor allem weniger kaufen. Der Umwelt ist es egal, ob das neue T-Shirt, das du alle vier Wochen kaufst, aus Bio-Baumwolle ist oder nicht. Bio-Baumwolle benรถtigt zum Wachsen genau so viel Wasser wie herkรถmmliche und es wird genau so oft gewaschen wie herkรถmmliche T-Shirts. Der Schlรผssel liegt also mal wieder im Verzicht. Nur weniger ist fรผr die Umwelt wirklich mehr.


Wieviel Nachhaltigkeit darf’s denn sein?

Wer nachhaltig einkaufen mรถchte, muss sich zunรคchst einmal fragen, welche der drei Sรคulen der Nachhaltigkeit mit dem Einkauf bedient werden soll โ€“ die รถkologische, die soziale oder die รถkonomische. Die Eier legende Wollmilchsau gibt es nรคmlich nicht. Ein Produkt, dass zwar aus รถkologischem Anbau stammt, das Herstellerland aber auf der anderen Seite der Erde liegt und die Arbeiter Dumpinglรถhne erhalten, ist zwar nachhaltiger, noch lange aber nicht nachhaltig.

Also doch lieber aus regionalem Anbau? Schliesslich sind die Transportwege deutlich kรผrzer und die Arbeitsbedingungen werden vom Staat รผberwacht. Dann muss man aber mรถglicherweise damit leben, dass die Produkte in konventioneller Landwirtschaft unter dem Einsatz von Pflanzen- und Insektenschutzmitteln produziert wurden.

Das bisherige Drei-Sรคulen-Modell der Nachhaltigkeit, bei der alle Sรคulen gleichberechtigt sind.
(Grafik: utopia.de)
Ein alternatives Modell macht Umwelt- und Klimaschutz zur Basis allen Handelns.
(Grafik: utopia.de)

Der Verbraucher hat es nicht leicht

Mรถchte man als Konsument seinen Einkauf heute so nachhaltig wie mรถglich gestalten, gerรคt der wรถchentliche Einkauf zu einer anspruchsvollen Herausforderung. Ist die Bio-Milch aus der 200 Kilometer entfernten Molkerei nun besser fรผr die Umwelt oder die Genossenschaftsmilch, die von der Molkerei um die Ecke stammt?

Ist ein Bio-Produkt, das Palmรถl enthรคlt, wirklich besser als ein konventionell hergestelltes, das aber auf den Einsatz von Palmรถl verzichtet? Immerhin sind die wachsenden Palmรถlplantagen schuld an der Abholzung riesiger Mengen Urwaldes und kรถnnen nur mit exzessiven Mengen an Pestiziden betrieben werden. Das Argument Bio-Palmรถl zieht irgendwie auch nicht, wenn man weiss, dass derzeit nur 1 Prozent des weltweit verbrauchten ร–ls aus Palmen im biologischen Anbau produziert wird.

Apropos bio: Da ist auch nicht alles Gold, was glรคnzt! Ein Beispiel gefรคllig? Bitte sehr: Die Sorte “Gala” scheint eine sehr empfindliche Apfelsorte zu sein, die รถfter mit Pflanzenschutzmitteln gespritzt werden muss als andere. Wer jetzt denkt “Ha! Da gibt’s doch ‘ne Bio-Variante”, der hat zwar recht, lebt aber auch nicht gesรผnder. Bei Bio-Gala-ร„pfeln wird in jeder Saison gleich mehrere Male Kupfersulfat eingesetzt, eine fรผr Menschen, Tiere und die Bodenorganismen gleichermassen giftige Substanz.

Kupfersulfat wirkt fรผr den Menschen bei oraler Einnahme toxisch und kann zu blaugrรผnen Verรคtzungen der Schleimhรคute, starkem Erbrechen, blutiger Diarrhoe, Schock, Hรคmolyse und Hรคmoglobinurie fรผhren. Ein letaler Verlauf der Intoxikation ist mรถglich.

Wikipedia

Yay, bio!

Hauptsache Label…

Aber zum Glรผck gibt’s ja jede Menge seriรถs gestalteter Label, die dem Verbraucher eine Hilfe bei seiner Suche nach dem รถkologisch und ethisch vertretbaren Produkt sein sollen. Also zumindest theoretisch. Das war jedenfalls der Plan. In der Realitรคt hat heute jeder Verband und jeder zweite Konzern eigene Siegel, die dem Kunden “garantieren”, was dieser gerne lesen wรผrde.

Mehr als 30 Labels alleine in der Schweiz

Mittlerweile gibt es alleine in der Schweiz mehr als 30 Labels. Hinzu gesellen sich jene, die dem Verbraucher auf EU-Ebene die heile Welt vorgaukeln sollen. Der Dschungel aus Stickern, Etiketten und Labels ist so unรผbersichtlich, dass es mittlerweile ganze Ratgeber gibt, um sich รผberhaupt noch ansatzweise zurecht zu finden. Der WWF hat beispielsweise die “31 wichtigsten Labels der Schweiz” hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeit untersucht. Nicht die 31 existierenden, was ja auch schon eine ordentliche Hausnummer wรคre, man hat sich auf die 31 wichtigsten beschrรคnkt… Wer mรถchte, kann sich das Ergebnis hier im Detail ansehen.

Weniger wรคre mal wieder mehr

Wer auf eine Art รœbersiegel hofft, das Siegel-Mutterschiff sozusagen, wird sich enttรคuscht sehen. Von รถkologisch bis fair fรผr Umwelt, Mensch und Tier โ€“ das gibt es nicht und das wird es auch in absehbarer Zukunft nicht geben. Um so ein Siegel beispielsweise in Form eines allumfassenden Einkaufsratgebers auf die Welt zu bringen, mรผsste man fรผr jedes einzelne Produkt auf dem Markt und fรผr jeden Bestandteil eines Produktes eine eigene ร–kobilanz erstellen. Das aber ist angesichts der schieren Masse an Produkten schlichtweg nicht machbar.

Freie Bahn fรผr Trickser und Schummler

Dabei wรคre ein einheitliches Siegel in mehrerer Hinsicht wichtig. Zum einen verwirren all die verschiedenen Mini- und Mikrolabel den Kunden mehr als dass sie informieren oder eine Hilfe darstellen wรผrden. Zum anderen bieten schwache Regularien Tricksern und Schummlern ein weites Spielfeld.

So neigen immer mehr grosse Firmen dazu, ihre eigenen Labels auf den Markt zu bringen und sich dabei die Unerfahrenheit der Kunden zunutze machen. So hat sich die britische Supermarktkette Sainsbury beispielsweise vom etablierten “Fair Trade”-Label abgewandt und verkauft ihren Tee nun unter dem eigenen “Fairly Traded”-Label. Wer da beim Wocheneinkauf mit nervigem Ehemann und quengelnden Kindern im Schlepptau nicht ganz genau hinsieht, merkt den Unterschied nicht einmal.

Was hinter “Fairly Traded” steckt, weiss kein Mensch. Die Richtlinien wurden nicht von Experten, sondern von Unternehmensmanagern festgelegt. Ein Schelm, wer Bรถses dabei denkt und ein Narr, wer glaubt, dass das ein rein britisches Problem sei. Auch in Schweizer Supermรคrkten hat der Verbraucher keine Ahnung mehr, ob die ganzen Siegel und Deklarationen nun fรผr bio, fair oder regional stehen oder ob sie nur den Eindruck erwecken sollen und eher der ganze Stolz der Marketingabteilung sind.

Ausschlussverfahren

Viele Aspekte der verschiedenen Labels schliessen sich darรผber hinaus auch noch aus. Ein Bioapfel aus Chile glรคnzt mรถglicherweise aufgrund seiner veganen Wachsschicht, nicht aber wegen seiner tollen CO2-Bilanz, die nรคmlich gar nicht toll, sondern eher in Griff ins Klo ist.

Gleiches gilt fรผr das “Regional”-Siegel. Zwar unterstรผtzt man lokale Familien und hรคlt die Transportwege kurz, dafรผr muss man aber oft damit leben, dass die Produkte nicht in biologischem Anbau hergestellt wurden.

Die Schweiz wirft pro Jahr 2,3 Millionen Tonnen Lebensmittel weg.

Zwei Drittel davon sind noch geniessbar.

Bio vor regional

Und wie macht man es nun? Wie sollten wir am besten vorgehen, um nachhaltig einzukaufen und das Maximale fรผr die Umwelt und unsere Mitmenschen rauszuholen? Experten raten: bio und regional vor allem anderen. Die Herstellung eines Produktes hat nach Ansicht der Fachleute einen grรถsseren Einfluss auf die jeweilige ร–kobilanz als der Transport und andere Aspekte. Ausnahme: Wenn das Produkt aus รœbersee stammt und lange Flugstrecken den grรถssten Teil der Transportkette ausmachen: Finger weg. Dann nรคmlich schneidet auch das biologischste Bio-Produkt schlechter ab als die konventionell angebaute Alternative aus der Heimat.

Wenn es denn regional sein soll, achte darauf, das Ganze auch saisonal in einem intellektuell vertretbaren Rahmen zu halten. Heimische Gurken und Erdbeeren stammen im Januar natรผrlich nicht aus dem รถkologischen Freilandanbau, sondern aus dem Treibhaus, das zwar schรถn regional gelegen, aber natรผrlich alles andere als nachhaltig ist.

Grosspackungen fรผr weniger Mรผll

Wenn du nachhaltigER einkaufen und zumindest weniger Mรผll verursachen mรถchtest, dann solltest du kรผnftig eher zu Grosspackungen greifen. Nudeln in der Zwei-Kilogramm-Tรผte werden nicht schlecht und kommen mit weniger Plastik daher als vier 500-Gramm-Tรผten. Gleiches gilt fรผr Jogurt, Reis oder Haarwaschmittel. Wann immer du kannst, wรคhle die grรถsste Verpackungsgrรถsse.

Das ist natรผrlich nur dann sinnvoll, wenn du deinen Einkauf nicht in Plastiktรผten, sondern in mitgebrachten Taschen nach Hause schleppst.

Eine Papiertรผte muss dreimal benutzt werden, um weniger klimaschรคdlich als eine Plastiktรผte zu sein โ€“ eine Baumwolltasche 131 Mal.

The Heartland Institute

Der Natur hilft nur Verzicht

Bei all den berechtigten รœberlegungen zu Biomilch, Baumwolltaschen, Palmรถl und Verpackungsgrรถssen dรผrfen wir allerdings eins nicht vergessen: Die naturgemรคss kurzlebigen Produkte, die wir im Supermarkt kaufen, machen nur einen kleinen Teil der katastrophalen humanen ร–kobilanz aus. Wer der Natur wirklich noch eine Chance lassen mรถchte, der muss nicht nur nachhaltig einkaufen, sondern kรผnftig vor allem Verzicht รผben.

Auch glรผckliche Kรผhe furzen

Der Natur ist nicht wirklich damit geholfen, dass die Baumwolle fรผr die T-Shirts, die du alle vier Wochen neu kaufst, aus รถkologischem Anbau stammt, da รถkologisch angebaute Baumwolle dieselbe Menge an Wasser konsumiert wie konventionell angebaute. Gleiches gilt fรผr deinen Fleischkonsum. Die Menge an Gรผlle, die ein Schwein oder eine Kuh hinterlรคsst und die entsorgt werden muss, ist dieselbe und variiert nicht mit den Haltungsbedingungen.

Wenn du der Umwelt und dem Klima wirklich etwas Gutes tun mรถchtest, hat die Reduzierung deines Fleischkonsums einen deutlich grรถsseren Effekt als die Umstellung auf Bio-Fleisch. Nur weniger Kรผhe produzieren weniger Methan, saufen weniger Wasser und fressen weniger Pflanzen, die auf Flรคchen angebaut werden, die fรผr die Produktion menschlicher Nahrung genutzt werden kรถnnten. Glรผckliche Kรผhe furzen so viel wie alle anderen.

Eine Plattform fรผr die Nachhaltigkeit

Nicht nur Schweizern, die nachhaltig einkaufen wollen, steht die Plattform Faircustomer.ch zur Verfรผgung. Die Seite wurde im Jahr 2008 ins Leben gerufen und bietet privaten und รถffentlichen Nachhaltigkeitsinitiativen eine Verkaufsplattform.

Bei den Hรคndlern handelt es sich auschliesslich um Schweizer Anbieter, denen der Nachhaltigkeitsgedanke wichtig ist: Einrichtungen fรผr Menschen mit Behinderungen, Anbieter รถkologischer Lรถsungen, Integrationsprojekte, oder auch Schweizer Importeure, die fair gehandelte Waren anbieten.

Zu jedem Artikel gibt es eine Beschreibung mit Fotos und Videos, in denen man sich รผber die Herstellungsbedingungen informieren kann.

Nachhaltig einkaufen im Einfach-Weniger-Shop

Warum aber in die Ferne schweifen, wenn das Gute praktisch vor den eigenen Fรผssen liegt? Viele Produkte des tรคglichen Bedarfs findest du in unserem Online-Shop. Dass wir lediglich Dinge anbieten, die รถkologisch sowie sozial vertrรคglich sind, versteht sich hoffentlich von selbst.

Ob das Do-It-Yourself-Set zur Herstellung von bis zu zehn verschiedenen Reinigungsmitteln fรผr den ganzen Haushalt, das Wasch-Ei fรผr die kostengรผnstige und umweltschonende Reinigung deiner Wรคsche oder der Metall-Strohhalm. So macht nachhaltig einkaufen Spass ๐Ÿ™‚

Entdecke die Mรถglichkeiten und statte dem Shop doch mal einen Besuch ab.

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