Verpackung

4 Gründe, warum Verpackung nachhaltig ist

Seit einigen Jahren kennen wir nun die sogenannten Unverpackt Läden. Das Konzept ist einfach: Der Kunde bringt sein Gefäss selber mit und kauft nach Gewicht ein. Verpackung wird dadurch eingespart. Die Läden sind oftmals stylisch eingerichtet, duften gut nach frischen Seifen und Gemüse und laden zum Verweilen ein.

Ähnliches gibt es auch seit längerem bei Migros und Coop in der Gemüse- und Früchteabteilung. Spärlich oder gar nicht verpackt können Kartoffel, Äpfel, Birnen, Trauben etc. gekauft werden.

Ist ein verpackungsfreies Leben wirklich das Non­plus­ul­t­ra punkto Nachhaltigkeit? Ist es die Verpackung, welche die Erde zum Kollaps bringt?

In diesem Artikel möchte ich eine andere Seite von (Plastik) Verpackung zeigen, die so leider sehr oft unter den Tisch gekehrt wird. Eigentlich möchte ich aufzeigen, dass Nachhaltigkeit sehr komplex ist und einfache Schwarz-Weiss-Aussagen oftmals schlicht zu kurz greifen.

Liebe Besitzer eines Unverpackt Ladens: Wir lieben euch und es ist super, was ihr macht, denn es hilft uns umzudenken und nach Alternativen zu suchen.

Auf beiden Lagern gibt es die Extremisten. Die einen, die ihren Müll in einem Einmachglas sammeln und stolz präsentieren, wie wenig Abfall sie produzieren (welcher übrigens zu einem grossen Teil von Verpackungen kommt). Auf der anderen Seite die Plastikliebhaber mit dem Spruch, solange wir noch um die Welt jetten, darf ich noch lange das Plastiksäckli an der Kasse kaufen.

Prolog

Vor vielen tausend Jahren lebten wir Menschen von dem, was unser Garten und unsere Felder geliefert haben. Wir lebten von der Kuh im Stall und freuten uns über die Kartoffel auf dem Feld. Irgendwann merkten wir, dass jeder Mensch seine Stärken und Schwächen hat und Handel das Werkzeug ist, um seine eigenen Schwächen mit den Stärken des Nachbars zu überbrücken.

Es kamen Maschinen und Computer dazu, welche viele Arbeitsschritte übernahmen, bis wir schlussendlich am Punkt angelangt sind, wo wir jetzt sind: Wir arbeiten nicht mehr um zu überleben, sondern wir arbeiten um zu leben (zumindest wir hier in der Schweiz haben dieses grossartige Privileg).

Viele dieser Verpackungsfragen würden sich automatisch klären, wenn wir wieder zu einer Selbstversorgungsgesellschaft zurückgehen würden: Vom Garten auf den Teller. Viele dieser Fragen würden sich auch bereits klären, wenn die Handelswege auf einige Kilometer beschränkt wären. Aktuell werden gewisse Güter zehntausende von Kilometern transportiert, um vom Produzenten zum Konsumenten zu gelangen.

Würdest du zukünftig auf Bananen, Orangen oder Mangos verzichten wollen? Ein Leben ohne iPhone, Fernseher oder Fitnessuhr? Daher gehe ich davon aus, dass wir als Gesellschaft auf gewisse Annehmlichkeiten nicht verzichten wollen und daher ein gewisser Handel immer noch notwendig ist. In welcher Form und wie weit dieser geht, ist eine ganz andere Frage… vielleicht für einen anderen Blogbeitrag.

Dann wollen wir doch loslegen und ein paar Vorteile von Verpackung aufzeigen.

1. Die Verpackung schützt das Produkt vor Beschädigungen

Hand aufs Herz: Wenn du im Regal ein Produkt siehst, welches Kratzer oder Beulen hat, aber die Funktion noch zu 100% erbringt, greifst du zum Verbeultem oder zum Intakten? Oder nehmen wir noch Obst und Gemüse als Beispiel: Den Apfel mit den Beulen oder ohne? Du musst nur mal im Migros am Früchtestand schauen, wie die Kunden akribisch genau die Äpfel herauspicken, um ja nur die Besten zu erwischen.

Punkt 1 leuchtet ein. Jetzt stülpen wir mal die Nachhaltigkeitsbrille über. Am eindrücklichsten ist es mit Fleisch (und nein, das ist kein Artikel über Vegetarier). Für die “Produktion” von 1 kg Rindfleisch werden 15 kg CO2 ausgestossen [1, 2]. Ein Portion Rindfleisch aus dem Migros à 330 g entspricht somit in der Produktion 5 kg CO2. Aufgrund der Hygiene kommt das Rindfleisch in einer Plastikverpackung, welche 0.07 kg CO2 entspricht [3]. 

Der eigentlich “Inhalt” produziert somit über 70x mehr CO2 als die Plastikverpackung.

CO2 - Verpackung - Inhalt

Für Zahleninteressierte Leser

Soweit so gut. Jetzt kommt ein bisschen Mathematik ins Spiel. Die Verpackung trägt 1.4% zum CO2 Ausstoss bei. Ganze 21% vom produzierten Fleisch [4] landen nicht im Magen des Konsumenten sondern im Abfall, auf einer Kompostieranlage, als weiteres Tierfutter oder sonst irgendwo, aber nicht auf dem Teller. 

Wenn wir noch den Food Waste hinzurechnen, steigt auch der CO2-Ausstoss für das Fleisch um ~20% und wir wären bereits bei 6 kg CO2 pro 330 g Rindfleisch.

Studien in Österreich haben gezeigt, dass durch Änderung der Verpackung der Food Waste von Fleisch um 9% gesenkt werden konnten… und ich bin kein Chemiker oder Verpackungsspezialist, aber die verbesserte Verpackung bestand ganz sicher nicht aus Papier oder Karton, sondern aus irgendwelchen PS/EVA/PE basierten Verpackungen (also Plastik).

Zurück zur Rechnung und zur Bilanz. Während diese eine Plastikverpackung 70 g CO2 verursacht, spart sie 500 g CO2 ein, indem nämlich weniger Fleisch weggeworfen wird. 

Fazit zur Verpackung von Lebensmitteln

Die obigen Zahlen sind wahrscheinlich alles andere als perfekt, und wie sagt man so schön: traue keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast. Dennoch bleibt eine wichtige Erkenntnis. Es ist einfach auf dem Plastik herumzuhacken und anderen die Schuld in die Schuhe zu schieben, während zuhause alle paar Wochen das Essen im Kühlschrank liegen bleibt und in den Restmüll wandert. 

Im Beispiel habe ich die Zahlen mit Fleisch durchgerechnet, aber eine ähnliche Rechnung liesse sich auch mit Gemüse, Fisch oder Früchten machen. Die Zahlen sähen sicher anders aus, dennoch wird es auch hier dabei bleiben, dass grundsätzlich der (Food) Waste das grössere Problem ist als die Verpackung.

Wir nehmen mit: Solange wir noch so viel Essen in die Tonne werfen, ist unser Problem an einer ganz anderen Ecke. Verpackung hilft den Food Waste zu reduzieren. Alternative: Wir ändern unsere Ess- und Einkaufsgewohnheiten radikal, kaufen auch die braunen Bananen oder die verbeulte Stahlflasche und kaufen immer nur frisch, was wir gleich verzehren.

2.Verpackungen vermitteln die Marke und Werte eines Unternehmens

Nachhaltigkeit steht auf drei Säulen: Ökologische-, soziale- und ökonomische Nachhaltigkeit. Im Alltag wird jedoch Nachhaltigkeit oftmals mit ökologischer Nachhaltigkeit gleichgesetzt, à la Nachhaltigkeit = Umweltschutz. Das stimmt jedoch nicht bzw. greift zu kurz.

Man stelle sich vor, alle Cornflakes wären in einem braunen Kraftkarton mit lediglich den zwingenden Angaben bedruckt: Keine Werbung, keine Marke, keine Kinderrätsel auf der Rückseite. Die Kellogsverpackung würde sich somit ausser im Preis kaum von der Migros Budget Verpackung unterscheiden: Es wäre der Supergau für Kellogs.

Ob es nun gut ist oder schlecht, sei dahingestellt, aber für viele (gar die meisten) Unternehmen, wäre es schlicht eine Katastrophe, wenn die liebevoll gestaltete Verpackung plötzlich verschwinden würde. Denn ein Cornflake wäre dann ein Cornflake und eine Zahnpasta, eine Zahnpasta.

3 verschiedene Jasminreis
3 verschiedene Marken Jasminreis

Ökonomisch gesehen kaum nachhaltig und auch das Einkaufen wäre deutlich weniger erfreulich oder die Kehrseite: Brauchen wir wirklich soviel Auswahl? Brauchen wir 3 verschiedene Packungen Jasmin Reis? Ausgepackt sieht er wohl gleich aus, schmecken tut er zumindest sehr ähnlich, und doch werden alle 3 Packungen mehr oder weniger gut verkauft. 

Solange wir in einem kapitalistischen System leben ist die Verpackung in irgend einer Form relevant für den Erfolg der Firma.

3. Gute Verpackung erleichtert den Umgang und Transport

Bis ein Produkt beim Endkonsumenten landet ist es ein weiter Weg. Ich kann das kurz anhand der Bienenwachstücher aufzeigen, welche wir selber produzieren:

  1. Produktion der Bienenwachstücher.
  2. Verpackung in Kartonumschläge
  3. 25 Umschläge mit Bienenwachstücher werden in einen kleinen Karton verpackt
  4. 12 kleine Kartons werden in einen grossen Karton verpackt und ans zentrale Lager verschickt
  5. Einsortieren der kleinen Kartons
  6. Bestellung geht ein: Bienenwachstuch in einem kleinen Karton wird aus dem Regel genommen und ins Paket gepackt und verschickt.
  7. Bienenwachstuch kommt beim Endkunden an.

Das war nicht immer so. Anfänglich wurden die Bienenwachstücher lediglich durch eine Banderole zusammengehalten. Das hatte zur Folge dass:

  • Ecken von Bienenwachstüchern umgeknickt sind -> sah dann nicht mehr so schön aus (wäre wieder Kapitel 1)
  • Der Versand an ein zentrales Lager aufwändiger war
  • Bienenwachstücher zusammen klebten, was das Abarbeiten von Bestellungen aufwändiger machte

Die Verpackung erlaubt es, Produkte zu stapeln, wodurch weniger Lagerfläche benötigt wurde und die Kosten gesenkt werden konnten.

Wir müssen uns daher von der Illusion verabschieden, dass in der Logistik irgend etwas ohne Verpackung funktioniert und wenn es doch so wäre, dann wird alles auf eine Palette gepackt und mit 20 Meter Folie umwickelt. Die Illusion vom komplett verpackungsfreien Produkt ist wohl nur im eigenen Garten oder beim Einkauf direkt auf dem Bauernhof möglich. 

Ziehen wir auch hier wieder die Nachhaltigkeitsbrille an: Verpackung reduziert den Aufwand und macht das Handling einfacher. Ökonomisch gesehen ist es nachhaltiger GUTE Verpackung einzusetzen.

Kartonboxen und Paletten gehen Hand in Hand in der Logistik.

4. Sie gibt Auskunft über den Inhalt, die Zutaten, die Herkunft, das Herstellungsland oder andere relevante Details

Hast du eine Laktoseunverträglichkeit? Zölliakie? Sonstige Allergien? Oder willst du ganz einfach nur abnehmen und schaust dir sehr genau an, wieviel Zucker und Fett drin ist? Wie dem auch sei, du bist darauf angewiesen, dass ersichtlich ist, was du kaufst.

Für den einen ist es lediglich Interesse, für den anderen Lifestyle, aber für einige Wenige ist es der Entscheid über Leben und Tod, ob es Nüsse drin hat oder nicht. Reden wir hier nochmals über Nachhaltigkeit und CO2 Ausstoss. Wieviel CO2 kostet wohl ein Spitalaufenthalt aufgrund einer allergischen Reaktion?

Ist jetzt alles schwer übertrieben und es wäre durchaus auch möglich bei jedem Produkt ein kleines Schild ans Regal zu kleben, wo diese wichtigen Informationen drauf stehen… könnte, sollte, müsste. Wirklich praktisch ist auch das nicht, denn spätestens, wenn ich zuhause bin, habe ich es vergessen oder gar vertauscht.

Einige Produkte sind selbsterklärend, während andere wiederum kompliziert sind und eine Gebrauchsanweisung benötigen. Bei einfachen Erklärungen reicht unter Umständen bereits die Verpackung und es kann auf einen zusätzlichen Flyer verzichtet werden.

Auch hier wollen wir nochmals unter dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit schauen. Könnte man gut in die soziale Nachhaltigkeit legen. Es wäre unfair, wenn jemand aufgrund von Krankheiten oder Allergien benachteiligt würde.

Nährwertangaben auf einer Verpackung
Neben Angaben zu den Nährwerten gibt es auf Verpackungen auch Angaben zu Unverträglichkeiten.

Fazit zur Verpackung

Ich hoffe, ich konnte in diesem kurzen Artikel aufzeigen, dass nicht alles Gold ist, was glänzt und viele Probleme, welche wir aktuell haben mehrere Blickwinkel haben. Anstatt mit dem Finger auf das Plastiksäckli zu zeigen: Bist du bereit 1x pro Woche auf den Burger, das Steak oder die Cervelas zu verzichten? Oder auch einfach mal braune Bananen zu kaufen (viele Supermärkte haben unterdessen ein spezielles Regal für B-Ware für Früchte und Gemüse)? 

Bist du bereit auf exotische Produkte zu verzichten? Denn es leuchtet wohl jedem ein, dass neben dem erhöhten Treibstoffverbrauch, welcher mit zunehmender Transportdistanz anfällt, auch der Verpackungsaufwand steigt. 

Die scheinbar “unverpackte” Mango aus Peru, vs. den 2 kg Sack Äpfel aus dem Seeland. Es versteht sich hoffentlich von selbst, dass der Plastiksack kaum die Transport- und Anbaukosten der Mango kompensieren kann.

Es ist nicht schlecht, die Verpackung auch im Auge zu halten, aber ich bin überzeugt, dass du und ich an vielen anderen Ecken noch viel mehr herauszuholen haben. Wusstest du, dass du bei 100 km Autofahrt ca. 15 kg CO2 in die Luft stösst. Rechne selber aus, wie viele Plastiksäcke du dafür verwenden kannst.

Quellen

[1] https://www.wwf.ch/de/unsere-ziele/fleisch-und-milchprodukte
[2] https://www.ifeu.de/fileadmin/uploads/IFEU-MBW_Fleisch_Bericht_2013-final.pdf
[3] https://www.swissplasticsplatform.com/de/fachwissen/welchen-anteil-hat-die-verpackung-am-co2-fussabdruck-tg
[4] https://toogoodtogo.ch/de-ch/movement/knowledge/what-food-is-wasted
[5] https://www.semadeni.com/aktuell/blog/blog-details/news/plastikverpackungen-und-klimaschutz-zero-waste-als-loesung

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