Keine Tipps und Tricks, keine kritischen Fragen, sondern ein paar persรถnliche Gedanken zu unserem Crowdfunding Erlebnis. Ich mรถchte damit zeigen, dass auch „normale“ Menschen Ideen umsetzen kรถnnen. Es braucht dazu Ausdauer, Lernbereitschaft, Geduld und vor allem einfach den „Schutt ins Fรผdli“, um einfach mal loszulegen. Die Idee ist einfach… schwierig wirds mit der Umsetzung
Die letzten 30 Tage waren eine wahre Achterbahnfahrt. Wir sind mit hohen Erwartungen ins Rennen gegangen, erlebten nach den ersten paar Tagen eine kleine Enttรคuschung und haben uns schlussendlich doch noch ins Ziel gerettet, aber von vorne.
Als wir im Frรผhling 2021 die Idee mit der Zahnpulverpasta hatten, war gleich von Anfang an klar, dass wir eine Crowdfunding-Kampagne machen werden. Erstens wollte ich das schon lange mal ausprobieren, zweitens wollten wir testen, ob auch wirklich Interesse besteht und drittens wollten wir das Risiko minimieren auf kiloweise Pulver sitzen zu bleiben.
Die angestrebte erste Auflage von 5’000 Stรผck gilt nicht als sonderlich gross, im Gegensatz: Es ist eine „Mini Produktion“ und dennoch, wenn diese bei uns im Keller liegen bleibt, dann mรผssen wir uns bis ans Lebensende keine Gedanken mehr um Zahnpasta machen.
Eine Crowdfunding-Kampagne schien die ideale Lรถsung, diese Probleme elegant zu umschiffen.
Produktentwicklung
Das Jahr 2021 verbrachten wir jedoch mit der Produktentwicklung. Verschiedene Rezepturen ausprobieren, verschiedene Rohstoffe, bis wir schlussendlich zufrieden waren. Daneben mussten wir die richtigen Spender finden, die mรถglichst klein, aber mit einer mรถglichst grossen รffnung. Alles Neuland und gar nicht so einfach.
Schlussendlich dรผmpelte das Projekt auch viele Wochen vor sich her. Das Tagesgeschรคft, die Familie und halt einfach das Leben. Auch wir sind keine Supermรคnner (bzw. Frauen) und so bekam Paudi nicht immer die Liebe, welche es brauchte. Wie schรถn wรคre es, ein Team zu haben, welche sich lediglich darum kรผmmert? … in meinen Trรคumen.
Ursprรผnglich wollten wir das Produkt patentieren, aber wie patentiert man so etwas? Und was kann man รผberhaupt patentieren? Und was kostet so ein Patent? Viele Fragen, auf die wir anfรคnglich keine Antwort hatten und uns diese mรผhsam erarbeiten mussten. So richtig voran ging es trotzdem nicht und fรผhlte sich wie ein schwerer Klotz am Bein an. Viel Geheiniskrรคmerei und Vor-sich-herschieben, bis wir den erlรถsenden Entscheid getroffen haben, die Patentierung fallen zu lassen. Etwas weniger, um sich darรผber den Kopf zu zerbrechen. Wenn wir dann mal Millionen von Paudis รผberall auf der Welt verkaufen, werden wir diesen Entscheid vielleicht bereuen?
Im Dezember machten wir jedoch Nรคgel mit Kรถpfen. Jetzt oder nie! Wir brauchen ein bisschen Druck von aussen, damit das jetzt wirklich vorangeht.
รber wemakeit.com war das Projekt relativ schnell aufgesetzt, doch hier fingen die Probleme an๐. Wir wollten bereits am nรคchsten Tag starten, haben allerdings nicht berรผcksichtig, dass wir noch einen Verifizierungsprozess durchlaufen mรผssen: Account verifizieren und dann auch noch das Projekt verifizieren. Nochmals 2 Tage Verzรถgerung.
Der Inhalt war schnell geschrieben und nach einem Morgen Arbeit, war auch das Video im Kasten.
Das Crowdfunding kann beginnen
Punkt 12 Uhr ging es los und ehrlich gesagt habe ich den ersten Kauf gemacht, da ich sehen wollte, wie das genau funktioniert. Wenn ich schon hunderte von Menschen und potentielle Kunden davon รผberzeugen will, muss ich doch wenigstens wissen, wie die Plattform funktioniert. Und dann hatten wir plรถtzlich alle Hรคnde voll zu tun:
- Newsletter schreiben und verschicken
- Social-Media-Kanรคle bespielen
- Banner auf der Webseite aufschalten
- Kleine Facebook Werbung aufschalten
- Followers auf Instagram direkt anschreiben
- Pressemitteilung schreiben
In den ersten 2 Tagen feuerten wir aus allen Rohren (zumindest fรผr unsere Verhรคltnisse) und vieles ist sehr ad-hoc passiert. Ein bisschen mehr Vorbereitung und รberlegung hรคtte sicher nicht geschadet. Schnell merkten wir jedoch, dass das Interesse grundsรคtzlich da ist, dass aber vielleicht unsere Rewards nicht gut aufgesetzt sind. Wemakeit hat uns im Vorfeld gesagt, dass der durchschnittliche Beitrag 140.- wรคre.
Die Rechnung ist dementsprechend einfach: 13’000 / 140 = 92 Backers. Nach 12 Tagen hatten wir bereits 92 Kunden erreicht, aber erst 4410.-. Cool, dass wir so viele Menschen begeistern konnten, ernรผchternd, weil unsere Rechnung wohl nicht ganz aufgehen wird. Vielleicht lag es am Produkt? Vielleicht an unseren Rewards? An der Plattform? Ich weiss es nicht.
Die ersten Nรคchte trรคumte ich gar von der Kampagne und der erste Blick am Morgen nach dem Aufstehen galt wemakeit.com. In meinen Trรคumen schoss der Balken weit รผber die 100 % hinaus… aber eben nur in meinen Trรคumen.
Wรคhrend wir in den ersten Tagen noch fast minรผtlich auf die wemakeit Seite geschaut haben, ist es in der Mitte die Luft ein bisschen verschwunden und die Kampagne lief auf Autopilot. Zwischendurch eine kleine Story, ein Newsletter und vor allem ein Gebet im Herzen, dass es klappen wird.

In der Zeitung
Ein Anruf verรคnderte dann alles. Ein netter Journalist der Berner Zeitung war am Telefon und sagt, er wรผrde gerne einen Artikel รผber uns schreiben. Genial. Dann hat sich die Pressemitteilung also doch gelohnt! Interview und Fotoshooting. Ganze 2 h. Da kamen doch ein kleines bisschen „Hall of Fame“ Gefรผhle auf und der Artikel schaffte es auch noch vor Kampagnen-Ende in die Zeitung.
Die Resonanz auf einen Zeitungsartikel ist eine ganz andere Geschichte und immer wieder interessant zu beobachten.
Schlussendlich haben wir es doch noch geschafft. Erfreulich, dass รผber 230 Menschen mitgemacht haben. Und noch schรถner: Das Video, welches auf Wemakeit zu sehen ist und in dem wir das Produkt und die Crowdfunding-Kampagne vorstellen, wurde 450x angesehen. Wenn wir davon ausgehen, dass jeder, der das Projekt unterstรผtzt, das Video anschaut, dann ist das eine ziemlich gute Rate: Mehr als jeder 2. unterstรผtzt das Projekt. Und genau das hat uns auch die Zuversicht gegeben, dass das Produkt doch Potential hat.
12’700.- und noch 2 h verbleibend. Wollen wir dem Leiden ein Ende setzen und selber noch als Backer auftreten? Oder sollten wir das Projekt ganz fallen lassen? Vielleicht lohnt es sich ja gar nicht? Vielleicht ist es ein grosser Zeitfresser und unter dem Strich schaut nichts dabei heraus, bzw. kostet uns sogar mehr Geld?
Kaum zu glauben, aber auch dieser Gedanke kam.

Die Ziellinie erreicht
Jetzt kรถnnen wir richtig loslegen und die noch offenen Punkte fรผr den Produktstart abarbeiten und dann mal die vielen Pakete verschicken๐. Wird ganz schรถn spannend, รผber 200 Pakete aufs mal zu verschicken… hoffen wir doch, dass die Post diese abholen kommt.
Zu guter Letzt: Ein grosses Dankeschรถn, fรผr dein Vertrauen. Das Internet ist immer wieder erstaunlich, da wird Geld an „wildfremde“ Menschen geschickt, in der „Hoffnung“, dass die versprochene Leistung zurรผckkommt. Man denke an Ricardo, E-Bay, diverse Online-Shops oder jetzt eben auch unsere Crowdfunding-Kampagne. Wir werden dich nicht enttรคuschen.
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