Aus Petflasche trinken

Glas oder Plastik – Was ist nachhaltiger?

Die Frage, ob Glasflaschen umweltfreundlicher als Plastikflaschen sind, kann nicht definitiv, sondern immer nur mit einem “Das kommt darauf an…” beantwortet werden. Viele Faktoren wirken direkt und indirekt auf die Ökobilanz beider Getränkebehälter ein.

Woran das liegt und welche Faktoren das sind, kannst du genau wie mein Chef im folgenden Artikel lesen. Ausserdem klären wir, unter welchen Umständen es nicht einmal darauf ankommt, ob die Flasche nun aus Glas oder aus Plastik hergestellt ist. Los geht’s.

Wir versinken im Plastik

Während die Welt im Plastikmüll versinkt und die Schweiz rund 1,6 Milliarden Plastikflaschen pro Jahr entleert und entsorgt, fragen sich immer mehr Verbraucherinnen und Verbraucher, ob PET wirklich die beste Lösung ist. Ob bei Migros, Coop, Aldi Suisse oder Lidl Schweiz – Durstlöscher im Glasmantel sind Mangelware, wenn man von Bier und saurem Most mal absieht. Aber wäre Glas nicht viel umweltfreundlicher, ressourcen- und energieschonender?

Mit Blick auf die Schweiz kann diese Frage nur mit einem klaren “nein” beantwortet werden. Die Glasflasche bildet hinsichtlich ihrer Ökobilanz das Schlusslicht in der Reihe der Getränkeverpackungen. Sogar die Getränkedose aus Aluminium ist umweltfreundlicher.

Der Grund dafür ist ein fehlendes Mehrwegsystem, wie es beispielsweise beim deutschen Nachbarn seit Jahrzehnten installiert ist. Dort werden Kunden über die Zahlung eines Flaschenpfands dazu animiert, leere Flaschen zurück zum Detailhändler zu bringen, der sie zur Reinigung und Wiederbefüllung weitersendet. Glasflaschen können bis zu 50 Mal befüllt werden, PET-Flaschen immerhin 25 Mal.

In einem solchen System hat die Mehrweg-Glasflasche die beste Ökobilanz – solange die Reinigung und Wiederbefüllung in der Region stattfindet. Schon ab einem Transportweg von 230 Kilometern egalisiert sich dieser Vorteil allerdings wieder und kippt zugunsten der (Mehrweg-)PET-Flasche. Die entscheidet das Rennen vor allem über ihr geringes Gewicht, was die Emissionen beim Transport erheblich verringert.

Glas oder Plastik – was ist ressourcenschonender?

Folgt man dem Rezept aus der Tontafelbibliothek des assyrischen Königs Ashurbanipal um 650 vor Christus, ist die Herstellung von Glas eigentlich ganz einfach. “Nimm 60 Teile Sand, 180 Teile Asche aus Meerespflanzen, 5 Teile Kreide – und du erhältst Glas“, wussten schon die Wissenschaftler der Antike. An der Rezeptur hat sich im Prinzip bis heute nichts geändert. Glas besteht im Wesentlichen aus einem Gemisch von Quarzsand, Kalziumkarbonat, Soda und Pottasche, auch bekannt als Kaliumkarbonat, das früher aus Asche gewonnen wurde.

So weit, so umweltfreundlich.  Leider war’s das aber auch schon mit dem Schonen von Ressourcen. Denn um diese Zutaten in Glas zu verwandeln, braucht es Wärme – und zwar nicht zu knapp: Beim Schmelzprozess, der rund 24 Stunden dauert, sind 1600 Grad Celsius notwendig, um den chemischen Prozess in Gang zu setzen, der alle Materialien miteinander vermengt und zu einer zähflüssigen, schweren Masse werden lässt, die dann zu Flaschen, Tiegeln oder Fensterscheiben verarbeitet wird.

Leichtgewicht Plastik

PET steht für Polyethylenterephthalat und gehört zur Familie der Polyester. Dabei handelt es sich um einen Kunststoff, für dessen Produktion Erdöl, Erdgas oder pflanzliche Rohstoffe verwendet werden und die in der Regel durch Polykondensation oder ringöffnende Polymerisation aus Carbonsäure gewonnen werden. Dabei wird das Ausgangsmaterial bei bis zu 280 Grad Celsius geschmolzen und in dünne Fäden gezogen, die viermal dünner als ein Seidenfaden sind. Diese Fäden werden in kleine Stücke geschnitten und als Granulat verkauft. Aus diesem Granulat lassen sich viele neue Produkte fertigen, von der PET-Flasche bis zur Textilfaser.

PET ist ein absolutes Leichtgewicht. Eine 1 Liter Plastikflasche wiegt nur ungefähr ein Zehntel einer 0,7 Liter Glasflasche. Dieses Gewicht wirkt sich vor allem auf die Emissionen beim Transport der Flaschen aus. Da ein herkömmlicher Lkw deutlich mehr Plastikflaschen laden kann, muss er auch weniger häufig hin und her fahren. Alleine dieser Punkt sorgt dafür, dass die PET-Flaschen Glasflaschen deutlich überlegen sind, wenn es um die reine Ökobilanz geht.

Alle Nachteile, die Plastik mit sich bringt, werden durch seine Leichtigkeit wieder wettgemacht, da diese den grössten Einfluss auf den ökologischen Fussabdruck hat.

Recycling – Glas oder Plastik?

Ein weiterer entscheidender Faktor für die Nachhaltigkeit von Glas- und Plastikflaschen ist das Recycling. In der Schweiz gibt es ein gut ausgebautes PET-Recycling-System (oder einen kritischen Blick auf Recycling in der Schweiz), das es ermöglicht, Plastikflaschen zu 100 Prozent wiederzuverwerten. Dabei wird das gebrauchte PET eingeschmolzen und zu neuen Flaschen oder anderen Produkten verarbeitet. Das schont die Ressourcen, da weniger neues Rohmaterial benötigt wird. Der Prozess erfordert allerdings Energie, die zwar geringer ist als die für die Glasproduktion, aber dennoch nicht unerheblich. Zudem verliert PET nach einigen Recyclingvorgängen an Qualität und muss mit neuem Material vermischt werden.

Glas hingegen lässt sich theoretisch unendlich oft recyceln, ohne dass es an Qualität einbüsst. Das klingt zwar gut, allerdings ist der Energieaufwand, um Altglas zu schmelzen, ähnlich hoch wie bei der Herstellung von neuem Glas. Der Vorteil liegt jedoch darin, dass weniger Rohstoffe wie Sand oder Soda benötigt werden. In der Schweiz wird jedoch ein grosser Teil des Altglases nicht recycelt, sondern zu Baumaterialien weiterverarbeitet, was die Umweltbilanz weiter belastet.

Kleine Rechnung gefällig?

Hier ist eine vereinfachte Musterrechnung, um die Energiemenge zu vergleichen, die benötigt wird, um eine Plastikflasche und eine Glasflasche zu recyceln. Wir konzentrieren uns dabei auf die gebräuchlichsten Materialien: PET (Polyethylenterephthalat) für Plastikflaschen und herkömmliches Glas.

Annahmen für die Berechnung:

  • Plastikflasche (PET-Flasche):
    • Gewicht: 30 g (für eine 1-Liter-Flasche)
    • Recycling-Energiebedarf: ca. 1.9 MJ (Megajoule) pro Kilogramm PET​
  • Glasflasche:
    • Gewicht: 500 g (für eine 0,75-Liter-Glasflasche)
    • Recycling-Energiebedarf: ca. 4.0 MJ pro Kilogramm Glas

Recycling Energie für eine PET Flasche:

Energie für eine PET Flasche = Gewicht der Flasche × Energiebedarf pro kg
=0.03 kg × 1.9 MJ/kg = 0.057 MJ

Der Energiebedarf für das Recyclen einer PET-Flasche beträgt somit 0.057 MJ

Energie für eine Glasflasche Flasche = Gewicht der Flasche × Energiebedarf pro kg
=0.5 kg × 5 MJ/kg = 2 MJ

Energieverbrauch für das Recycling einer Glasflasche: 2.0 MJ

Das Recycling einer Glasflasche benötigt etwa 35-mal mehr Energie als das einer PET-Flasche. Dies ist hauptsächlich auf das Gewicht der Glasflasche und den höheren Schmelzpunkt des Materials zurückzuführen, was mehr Energie erfordert. Woher kommt diese Energie?

Maschinelle Glasflaschen Produktion

Abfallproblematik – was schadet mehr?

Plastik hat zweifellos ein enormes Abfallproblem: Es bleibt sehr lange in der Umwelt und zerfällt nur extrem langsam. Eine PET-Flasche, die nicht recycelt wird, kann 450 bis 1.000 Jahre brauchen, um vollständig zu zerfallen​. Während dieses Prozesses zerfällt sie nicht in harmlose Stoffe, sondern in winzige Mikroplastik-Partikel, die in die Umwelt gelangen. Diese Mikroplastikteilchen wurden in Meeren, Flüssen, Böden und sogar im Schnee der Arktis nachgewiesen​​. Besonders in den Ozeanen hat Plastikmüll katastrophale Auswirkungen: Jedes Jahr gelangen 8 Millionen Tonnen Plastik in die Ozeane​. Dieser Müll gefährdet Meerestiere, die Plastik mit Nahrung verwechseln, und kann schliesslich auch in unsere Nahrungskette gelangen, wenn wir Fische und andere Meeresfrüchte konsumieren.

Der Schaden von Plastik für die Umwelt geht jedoch nicht nur von der Zerfallszeit aus. Auch die Produktion und Entsorgung von Plastik tragen erheblich zur CO₂-Belastung bei. Die Herstellung von 1 Kilogramm PET verursacht etwa 3,4 Kilogramm CO₂​. Das bedeutet, dass jede neue Plastikflasche, die nicht recycelt wird, nicht nur Müll produziert, sondern auch den Klimawandel weiter befeuert.

Glas: Ein ewiges Problem?

Im Gegensatz dazu zerfällt Glas nicht in der gleichen Weise wie Plastik – es bleibt im Prinzip ewig in seiner ursprünglichen Form erhalten. Dies könnte auf den ersten Blick als Vorteil erscheinen, doch auch Glas verursacht erhebliche Abfallprobleme. Glas, das nicht recycelt wird, landet meist auf Deponien, wo es nicht nur Platz beansprucht, sondern auch nicht biologisch abgebaut wird. Da Glas sehr schwer ist, erhöht sich zudem die CO₂-Belastung beim Transport und bei der Entsorgung erheblich​.

Zwar kann Glas theoretisch unendlich oft recycelt werden, ohne an Qualität zu verlieren, aber der Prozess des Recyclings erfordert hohe Energiemengen. Das Schmelzen von Altglas benötigt Temperaturen von etwa 1.600 Grad Celsius, was zu einem hohen Energieverbrauch führt​. Zudem ist die CO₂-Bilanz von Glas durch den Transport ebenfalls problematisch: Eine Glasflasche wiegt oft das 10-fache einer Plastikflasche, was bedeutet, dass mehr Energie für den Transport aufgewendet werden muss​.

Recyclingrate und Umweltbilanz

Ein weiterer Aspekt, der in die Abfallproblematik einfließt, ist die Recyclingrate. In der Schweiz beträgt die Recyclingquote von PET-Flaschen über 80 %, was die Umweltbelastung durch PET etwas abmildert​. Glas wird in der Schweiz ebenfalls in hohem Masse recycelt, doch das Problem der Transportemissionen bleibt bestehen, vor allem wenn das Glas über weite Strecken transportiert wird, bevor es recycelt oder wiederverwendet werden kann.

Zwischenfazit – vom Regen in die Traufe

Wenn wir diese Zahlen anschauen, dann müssen wir uns eigentlich eingestehen, dass weder das eine noch das andere wirklich umweltfreundlich und energieschonend ist.

Plastik (z.B. PET):

  • Vorteile: Plastik ist leicht, was die Transportemissionen reduziert, und es kann bis zu einem gewissen Grad recycelt werden. In der Schweiz beträgt die Recyclingquote von PET über 80 %, was für Plastik relativ hoch ist.
  • Nachteile: Plastik zersetzt sich extrem langsam (über Jahrhunderte) und hinterlässt dabei Mikroplastik, das die Umwelt schwer belastet. Zudem wird bei der Herstellung von PET erhebliche Energie benötigt, und der Prozess setzt viel CO₂ frei. Plastik verliert zudem bei jedem Recyclingvorgang an Qualität, was bedeutet, dass es nach einigen Zyklen nicht mehr nutzbar ist.

Glas:

  • Vorteile: Glas kann theoretisch unendlich oft recycelt werden, ohne an Qualität zu verlieren. Es setzt keine Mikroplastikpartikel frei und ist inert, d.h. es reagiert nicht mit der Umwelt.
  • Nachteile: Das Recycling von Glas erfordert sehr viel Energie, da es bei Temperaturen von über 1.600 Grad Celsius eingeschmolzen werden muss. Glas ist zudem schwer, was die Transportemissionen stark erhöht. Ohne ein funktionierendes Mehrwegsystem (wie z.B. in der Schweiz) schneidet Glas in puncto Umweltbelastung durch Transport und Energieverbrauch oft schlechter ab als Plastik.

Was aber wäre denn eine sinnvolle Lösung?

Mehrwegsysteme für die Zukunft

Ein Mehrwegsystem ist ein Kreislaufsystem, bei dem Verpackungen wie Flaschen, Becher oder Behälter nach der Nutzung nicht weggeworfen, sondern gereinigt, wiederverwendet und erneut befüllt werden. Dies reduziert den Bedarf an neuen Rohstoffen und minimiert Abfall sowie CO₂-Emissionen.

Wie eingangs erwähnt, wäre ein solches System die verträglichste Variante. Siehe dazu auch die Greenpeace Studie.

Grundprinzip des Mehrwegsystems

  1. Einheitliche Behälter: Das Mehrwegsystem basiert auf standardisierten Behältern, die von verschiedenen Herstellern genutzt werden können, wie z.B. Glasflaschen, wiederverwendbare Plastikbecher oder Metallverpackungen. Diese Behälter werden so konzipiert, dass sie langlebig und leicht zu reinigen sind. Wichtig ist, dass die Behälter in großen Mengen produziert und in einem Pfandsystem zirkulieren.
  2. Pfandmechanismus: Beim Kauf eines Produkts, z.B. eines Getränks oder eines Take-Away-Essens, zahlt der Kunde einen Pfandbetrag zusätzlich zum Kaufpreis des Produkts. Dieser Betrag variiert je nach Art des Behälters, ist aber ausreichend hoch, um einen Anreiz zur Rückgabe zu bieten (z.B. 0.20 bis 0.50 CHF).
  3. Rückgabestellen: Nach dem Konsum des Produkts kann der Kunde den leeren Behälter an einer Vielzahl von Rückgabestellen zurückgeben. Dies können Supermärkte, Getränkemärkte, Restaurants oder spezialisierte Rückgabeautomaten sein. Der Pfand wird bei der Rückgabe erstattet.
  4. Reinigung und Wiederverwendung: Die gesammelten Behälter werden dann an zentrale Reinigungs- und Wiederaufbereitungsstationen geschickt. Dort werden sie gründlich gereinigt, sterilisiert und auf Schäden überprüft. Intakte Behälter werden anschließend wieder in den Kreislauf gebracht und können erneut befüllt werden. Beschädigte Behälter werden recycelt.
  5. Verteilung an Händler: Nach der Reinigung werden die Mehrwegbehälter wieder an Händler oder Produzenten geliefert, die sie erneut mit Produkten befüllen und in den Verkauf bringen. Dieser Zyklus kann sich bei Glasflaschen bis zu 50 Mal und bei Kunststoffbehältern bis zu 25 Mal wiederholen, bevor das Material recycelt oder entsorgt wird.

An dieser Stelle auch ein kleiner Hinweis auf die Mason Jars, dem multifunktionalen Behälter aus Glas!

Kommen wir zu einem Ende

Eines sollte unterdessen klar sein. Sobald ein Produkt entsorgt oder umgewandelt werden muss ist das eine Lösung, die Energie benötigt. Das habe ich bereits irgendwann mal in der Physik vor vielen Jahren gehlernt. Somit ist wenn möglich darauf zu verzichten.

… oder wie wäre es einfach ein bisschen mehr gutes altes Hahnenwasser trinken und sicherstellen, dass es auch zukünftig trinkbar bleibt? Sicher gibt es viele Länder, in denen sauberes Trinkwasser mangelware ist und mühsam in Flaschen angeschleppt werden muss. Wir in der Schweiz aber haben zumindest an vielen Orten das Privileg, das trinkbare Wasser gleich aus dem Wasserhahn kommt! Eingefüllt in einer stylischen Flasche oder Krug steht es dem Plastikwasser in Nichts nach. Warum greifen wir nicht mehr darauf zurück?

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